Immer häufiger hören wir von Dürren, Starkregen oder Überschwemmungen. Landwirte stehen dadurch vor der Herausforderung, ihre Felder so zu bewirtschaften, dass sie sowohl mit Trockenheit als auch mit zu viel Wasser umgehen können. Eine spannende Methode, die dabei helfen kann, ist das Keyline-System. Entwickelt wurde es in den 1950er-Jahren von dem Australier Percival Alfred Yeomans. Sein Ziel war es, Landwirtschaft und Landschaft so zu gestalten, dass Wasser optimal genutzt wird und Böden langfristig fruchtbar bleiben.
Die Idee hinter dem Keyline-System
Im Kern geht es beim Keyline-Design darum, die natürlichen Formen der Landschaft zu verstehen und zu nutzen. Normalerweise fließt Regenwasser den schnellsten Weg bergab – es sammelt sich in Rinnen, gräbt tiefe Furchen in den Boden und hinterlässt trockene Stellen an den Hängen. Das ist weder für die Pflanzen noch für den Boden gut.
Das Keyline-System setzt genau hier an: Statt das Wasser einfach abfließen zu lassen, wird es mit Hilfe von besonderen Pfluglinien so gelenkt und verteilt, dass es in den Boden einsickern kann. Auf diese Weise entsteht eine gleichmäßigere Feuchtigkeit über die gesamte Fläche – sowohl in nassen als auch in trockenen Zeiten ein großer Vorteil.
Wie funktioniert das praktisch?
Die Landschaft lesen
Zunächst schaut man sich die Höhenlinien eines Feldes an. Wichtig ist dabei ein bestimmter Punkt im Gelände, der sogenannte Keypoint – ein natürlicher Knick in einer Mulde, wo das Gefälle von steil zu flacher übergeht.
Pfluglinien anlegen
Ausgehend von diesem Punkt werden Pfluglinien gezogen, die sich leicht vom Hangverlauf unterscheiden. Sie verlaufen nicht einfach gerade den Berg hinunter, sondern sind so gelegt, dass das Wasser seitlich „ausgebremst“ und in die Fläche verteilt wird.
Den Boden auflockern
Zum Einsatz kommt oft ein spezieller Keyline-Pflug, der den Boden tief lockert, ohne ihn zu wenden. Dadurch kann Wasser schneller versickern, Wurzeln können tiefer wachsen, und die Bodenlebewesen bekommen bessere Bedingungen.
Welche Vorteile hat das?
- Mehr Wasserspeicherung: Regenwasser wird nicht oberflächlich abgeleitet, sondern bleibt im Boden verfügbar.
- Schutz vor Erosion: Weil das Wasser nicht in Rinnen nach unten schießt, werden weniger Nährstoffe ausgewaschen.
- Bodenaufbau: Durch die bessere Durchfeuchtung können Bodenorganismen aktiver arbeiten, Humus bildet sich schneller.
- Bessere Erträge: Gesündere Böden bringen stabilere Ernten – besonders wichtig in Zeiten extremer Wetterlagen.
- Nachhaltigkeit: Das System ist eine Investition in die Zukunft, weil es Boden und Wasserressourcen langfristig erhält.
Anwendung in der Praxis
Während Keyline-Systeme in Australien schon länger bekannt sind, gewinnen sie inzwischen auch in Europa an Bedeutung. Besonders in Regionen mit starkem Gefälle oder unregelmäßigem Niederschlag probieren Landwirte diese Methode aus. Sie lässt sich mit anderen Konzepten der regenerativen Landwirtschaft kombinieren, etwa mit Agroforstsystemen oder Weidemanagement.
Ein Beispiel: Auf einem Acker in Hanglage könnten durch Keyline-Bewirtschaftung nicht nur die Felder besser durchfeuchtet bleiben, sondern auch Bäume entlang der Pfluglinien gepflanzt werden. Diese speichern zusätzlich Wasser, bieten Windschutz und liefern Holz oder Früchte.
Ein Blick in die Zukunft
Das Keyline-System zeigt, wie wichtig es ist, mit der Natur statt gegen sie zu arbeiten. Statt das Wasser mit Gräben oder Drainagen schnell „wegzuschaffen“, wird es auf der Fläche gehalten, wo es am meisten gebraucht wird: im Boden.
Für Landwirte, die sich mit Klimawandel, Bodenerosion oder sinkender Bodenfruchtbarkeit beschäftigen, kann Keyline ein wertvolles Werkzeug sein. Und auch für Verbraucher ist spannend zu wissen: Solche Methoden tragen dazu bei, dass unsere Lebensmittel nicht nur von heute, sondern auch morgen noch zuverlässig wachsen können.